COFAD

Fischereiliche Bewirtschaftung von Stauseen

Kerala, Indien

 

Malampuzha Reservoir

Der Stausee von Malampuzha, Kerala

Hintergrund

Im südindischen Bundesstaat Kerala gibt es 35 Stauseen mit einer Gesamtfläche von rund 32.000 ha. Sie dienen der Stromerzeugung und Wasserversorgung; zehn der künstlichen Gewässer werden zudem fischereilich genutzt. Der nachhaltig erzielbare Fischertrag liegt bei etwa 2.900 t/Jahr.

Die fischereilichen Nutzungsrechte stehen einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zu, deren Angehörige zu den Ärmsten Indiens zählen. Es handelt sich dabei um die so genannten registrierten Kasten und Stämme (SC/ST), d.h. Nachfahren der einst "Unberührbaren" und der Ureinwohner.

Angesichts rückläufiger Anlandungen der keralitischen Meeres- und Küstenfischerei gewinnt Fisch aus Staugewässern für die Versorgung der Märkte vor allem in küstenfernen Landesteilen immer mehr an Bedeutung. Damit wuchs auch das Interesse der Landesregierung, die Fischerei an den Stauseen zu fördern. Dies allerdings stößt auf erhebliche Probleme, die einerseits in der sozialen, politischen und rechtlichen Stellung der Fischer begründet liegen, andererseits in den konkurrierenden Nutzungen der Staugewässer und ihrer Einzugsgebiete, die oft zu einer Marginalisierung der Fischerei führen.

 

Mahseer

Nur in ganz wenigen Gewässern der Gebirgszonen sind noch befischbare Bestände des Masheers (Tor spp.) anzutreffen, wie hier im keralitischen Peringalkuthu-Stausee. Der Masheer zählt zu den am stärksten gefährdeten Fischarten Indiens. Seinem Schutz und der Wiedereinbürgerung wurde daher im Rahmen des Projektes spezielle Aufmerksamkeit zuteil.

 

Das Projekt

Im Rahmen der technischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Indien wurde auf der Grundlage einer COFAD-Studie 1992 das Indo-German Reservoir Fisheries Project (IGFP) ins Leben gerufen. Es verfolgte das Ziel, die Lebensbedingungen sozial und wirtschaftlich benachteiligter Bevölkerungsgruppen an den Stauseen des Landes durch die nachhaltige Nutzung aquatischer Ressourcen zu verbessern. 

Der deutsche Projektbeitrag wurde im Auftrag der GTZ von der Arbeitsgemeinschaft COFAD (Federführer) und GOPA erbracht und endete 1998. Das Projekt, das sich an 2.000 Fischer und deren Familien richtete, wurde im Anschluss vom indischen Träger, dem Kerala State Department of Fisheries, fortgeführt.

Während der deutschen Förderung war das Projekt hauptsächlich in folgenden Bereichen tätig:

  • Verbesserung der technischen Bedingungen für eine nachhaltige Stauseefischerei:
    • Satzfischproduktion für den Gewässerbesatz durch Fischereigenossenschaften
    • Fangtechnik und Fischvermarktung, einschließlich Untersuchung von bisher nicht genutzten Fischarten
    • Einführung eines systematischen Monitorings der Fischerei.
  • Verbesserung der sozialen, wirtschaftlichen und institutionellen Bedingungen der Fischerei:
    • Förderung von Organisation und Management sowie der politischen Repräsentanz und der Durchsetzungsfähigkeit der einzelnen Kooperativen und deren Zusammenschluss in einem Dachverband.
    • Entwicklung und Verbreitung eines speziellen partizipativen Planungs- und Implementierungsverfahrens (Community Action Planning and Implementation, CAP)
    • Reform der Beziehungen und Aufgabenabgrenzung zwischen staatlichen und privaten Fischereiorganisationen sowie der staatlichen Förderkonzepte für die Zielgruppen, insbesondere hinsichtlich 
      a) der Ressourcennutzungsplanung (Co-Management), 
      b) Fischvermarktung (Aufhebung der staatlichen Preisbindung), 
      c) Fischereiausübung (Einführung eines Lizenzsystems), 
      d) Satzfischproduktion (Aufhebung staatlicher Monopole, Privatisierung).

Der zweiteilige Entwicklungsansatz erforderte sowohl biologisch-technische Expertise als auch sozialpolitische und ökonomische. In die Arbeiten zur institutionellen und sozialen Entwicklung der Fischerei waren neben indischen Sozialwissenschaftlern und -arbeitern und einer Reihe internationaler Kurzzeitfachkräfte auch lokale Nichtregierungsorganisationen eingebunden. Im Zuge des Projektes wurden rund 60 technische und wissenschaftliche Studien erarbeitet.

PRA Mensch und Fisch standen gleichermaßen im Zentrum umfangreicher Untersuchungen, die an nahezu allen keralitischen Stauseen mit dem Ziel durchgeführt wurden, Aufschluss über bestehende Probleme und Entwicklungsmöglichkeiten zu erhalten und somit maßgeschneiderte Fördermaßnahmen planen zu können. Als wichtige Instrumente erwiesen sich dabei partizipative Analyse- und Planungsmethoden (PRA, RRA).

Ein vom Projekt speziell für die Anwendung in Kerala entwickeltes Verfahren der Organisation von Selbsthilfe ist die kooperative Aktionsplanung und -implementierung, kurz CAP. Bei Projektende hatte sich CAP in den Gemeinden von sieben Stauseen als Standardverfahren institutionalisieren können und wird dort nicht nur im Zusammenhang mit der Fischerei, sondern darüber hinaus in allen wesentlichen kommunalen Belangen eingesetzt.

CAP meeting
Während einer dreijährigen Orientierungsphase wurden zunächst die biologisch-technischen, organisatorischen und methodischen Grundlagen für eine nachhaltige fischereiliche Stauseebewirtschaftung erarbeitet. Hierbei wurden insbesondere die Anwendung und Verbreitung verbesserter Methoden zur Besatzwirtschaft, Fischbestandspflege und Habitatverbesserung sowie eine gesicherte Satzfischversorgung gefördert. Die konsolidierten Konzepte wurden in einer Folgephase an allen zehn vom Projekt betreuten Stauseen eingeführt. Gleichzeitig wurden die Organisationsfähigkeit und die Selbsthilfekapazität der Zielgruppe gestärkt und spezielle Frauen- und Jugendförderungsprogramme eingeführt. So wurden im Zusammenhang mit dem Projekt elf erfolgreich arbeitende Frauengruppen gegründet, ebenso mehrere Spar- und Kreditvereine. Im Rahmen von sogenannten Gesundheitscamps wurden bis Projektende über 1.000 Kranke ambulant behandelt. Ferner wurden Erwerbsmöglichkeiten im Umfeld der Fischerei eruiert und ihre Nutzung eingeleitet, wobei neben den Beschäftigungseffekten soziale und ökologische Gesichtspunkte besonders berücksichtigt wurden.
hatchery Ein wesentlicher Aspekt fischereilicher Stauseebewirtschaftung in Kerala ist der fortlaufende Besatz mit indischen Karpfen, die sich in künstlichen Gewässern nicht natürlich fortpflanzen; ein Geben-und-Nehmen-Konzept, dass die Fischer an neun Stauseen heute weitgehend eigenständig beherrschen. Im Bild Teile einer vom Projekt geförderten Fischzuchtanlage.
Auf Wunsch des Projektträgers wurde der Entwurf einer neuen Inlandsfischereigesetzgebung erarbeitet. Die Partnerfachkräfte erhielten umfassende Ausbildungs- und Beratungsleistungen in allen wichtigen technischen und managementbezogenen Aufgabenstellungen einer modernen Fischereiverwaltung. Außerdem wurden allen an der Stauseefischerei Beteiligten (Zielgruppe, Fischereibehörde, Stauseebetreiber, kommunale Behörden und Nichtregierungsorganisationen) die Grundlagen für ein integriertes "Co-management" vermittelt. Mit zahlreichen Institutionen, Fischereibehörden und Universitäten in Kerala und anderen indischen Bundesstaaten wurden formelle und informelle Beratungs- und Ausbildungskooperationen gepflegt. Insgesamt wurden Aus- und Fortbildungslehrgänge für Zielgruppen und Mitarbeiter der Verwaltung im Umfang von rund 6.500 Tagen durchgeführt. Daneben etablierte sich das Projekt als kompetente Beratungsstelle für private Fischfarmer.

Das Projektziel wurde erreicht. Im Kern der Ergebnisse steht die Einführung ressourcen- und nutzergerechter sowie umweltschonender Bewirtschaftung von zehn ausgesuchten keralitischen Stauseen mit einer Gesamtfläche von 6.800 ha. Diese Gewässer gehörten hinsichtlich ihrer physischen und produktionsbiologischen Merkmale bestimmten Kategorien an, welche alle Stauseetypen in Kerala und die meisten der insgesamt über 30.000.000 ha umfassenden Reservoire Indiens repräsentieren. Die Projektergebnisse sind insoweit modellhaft und indienweit anwendbar. Eine Zusammenfassung der Projektergebnisse ist als PDF-Datei abrufbar.

 

Weitere Informationen zum Projekt: